Das Planungsbüro AS+P Albert Speer + Partner GmbH (AS+P) aus Frankfurt am Main hat einen Auftrag zur Schaffung von Leitlinien zu planerischen Entwicklung von städtischen Räumen in der saudischen Metropole Riad erhalten. Sie sollen Elemente der traditionellen örtlichen Architektur sowie des sozialen und kulturellen Erbes der Hauptstadt aufnehmen, um die Qualität der städtischen Räume zu verbessern.

Die schnell wachsende Urbanisierung stellt die Gesellschaften auf der ganzen Welt vor noch nie dagewesene Herausforderungen. In der arabischen Region erreichte der Anteil der städtischen Bevölkerung im Jahr 2015 rund 56 Prozent. Bis zum Jahr 2030 wird er auf 58 Prozent ansteigen, wenn auch der Grad der Urbanisierung in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich ist.

Die zunehmende Verstädterung geht allzu oft mit einer unkontrollierten Entwicklung einher, die zu Zersiedelung führt und meist von den Anforderungen der Automobilität gesteuert ist. Das hat negative Auswirkungen auf die natürliche Umwelt, mit einem Anstieg der Kohlenstoffemissionen, dem Verlust ökologischer Werte und der biologischen Vielfalt. Einzigartige Merkmale der Baukultur, der Kulturlandschaften und wertvoller Freiflächen werden zerstört. Oftmals gehen prägende Elemente des gesellschaftlichen Erbes und des kollektiven Gedächtnisses für immer verloren.

Die Ergebnisse sind weltweit sichtbar: Eine ungeplante und unkontrollierte Entwicklung führt in der Regel zu austauschbaren, minderwertigen und kulturell fremden Räumen, die keinen eigenen Charakter und keine Lebensqualität haben. Die Ursache liegt in einem Mangel an strategischer und vorausschauender Planung auf unterschiedlichen Planungsebenen.

Seit vielen Jahren arbeitet das AS+P-Team engagiert daran, mit einem ganzheitlichen und maßstabsübergreifenden sowie multidisziplinären Ansatz, Antworten auf die drängenden Anforderungen einer nachhaltigen Stadtplanung zu geben, die bekannte Fehler vermeidet und neue Impulse für die Planung städtischer Räume geben soll.

Das Frankfurter Büro unterstützt weltweit nationale und lokale Regierungen bei der Entwicklung von Plänen, Verordnungen, Richtlinien und strategisch für eine prosperierende Zukunft zu planen mit dem Ziel stets pragmatisch umsetzbare Wege zu finden, um wiederkehrende städtische Fehlentwicklungen zu vermeiden.

Dabei hat AS+P eine besondere Systematik entwickelt, um die verschiedenen Aspekte der Stadtentwicklung zu steuern. Ausgangspunkt ist hierbei eine Konzentration auf die

Schaffung multikodierter, kontextbezogener Orte mit hoher Gestaltungsqualität und menschlichem Maßstab. Gleichzeitig wird eine positive Beziehung zwischen der großmaßstäblicheren Stadtentwicklung und dem einzigartigen natürlichen und kulturellen Erbe des jeweiligen Standorts hergestellt.

Dieser ganzheitliche Ansatz von AS+P lässt sich in sechs strategischen Prinzipien zusammenfassen, die maßstabsübergreifend wirken und sich auf die Bereiche Landschaft, Stadtplanung, Verkehrsplanung und Architektur konzentrieren.

1. Berücksichtigung des ökologischen Umfelds in der Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen der geplanten Entwicklung und der Umwelt. Die natürliche Landschaft ist eine lebenswichtige und endliche Ressource, ein Ausdruck der Vielfalt des Erbes einer Region und eine Grundlage ihrer Identität. Der AS+P-Ansatz beginnt mit einer Bestandsaufnahme der Ökologie des Ortes und der Identifizierung von unterschiedlichen Freiraumcharakteren, der Planung ihres Schutzes und ihres Managements, um negative Auswirkungen auf die Umwelt zu vermeiden.

2. Aufwertung des Kulturerbes und der Kulturlandschaften in der Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen der geplanten Entwicklung und dem lokalen Kulturerbe. AS+P zeigt einen klaren Weg auf, die Identität des Ortes zu erhalten und diese als Inspiration für die Stadtgestaltung, die Stärkung historischer Stadtstrukturen und Freiraumnetzwerke sowie für die Gestaltung neuer Architektur zu nutzen.

3. Inklusion des Straßen- und Verkehrsnetzes durch Planung und Gestaltung des öffentlichen Verkehrsnetzes und des öffentlichen Raums. AS+P verfolgt die Idee eines nachhaltigen und ausgewogenen multimodalen Mobilitätssystems, das sowohl optimal in das Stadtgefüge integriert ist als auch ästhetische Werte respektiert. Als ein wesentlicher Bestandteil von Entwicklungen sind Straßen eine Quelle der Identität für Gemeinden und müssen sowohl Mobilität als auch Orte der Begegnung für Menschen bieten. Darüber hinaus müssen die Straßen so gestaltet und betrieben werden, dass sie allen Nutzern in der Gemeinschaft einen sicheren und komfortablen Zugang ermöglichen.

4. Organisation von Infrastruktur und Beschilderung von großstädtisch über städtisch bis hin zu dörflich. Für AS+P tragen Infrastrukturelemente und die richtige Platzierung von Versorgungseinrichtungen und Beschilderung einen wesentlichen Beitrag zur qualitativen Gestaltung des öffentlichen Raums bei. Schlecht organisierte Infrastrukturelemente, mangelhaft gestaltete Versorgungseinrichtungen und deplatzierte, unangepasste Beschilderungen in öffentlichen und privaten Räumen vermindern die Aufenthaltsqualität in erheblichem Masse und führen oft zu einer unangemessenen Gestaltung von Landschaften und Stadtbildern.

5. Schaffung qualitativ hochwertiger Orte durch frühzeitige Überlegungen zu Flächennutzung und Zonierung sowie zu den notwendigen Entwicklungsstandards. Die derzeitige Praxis der autogerechten Erschließung von Flächen fördert in der Regel eine geringe Dichte, zersiedelte, fragmentiert monofunktionale und isolierte Entwicklungen, die zu einer zunehmenden Abhängigkeit vom Auto und einem Mangel an ästhetischen Qualitäten führen. AS+P verfolgt dahingegen eine spezifische Gestaltung und Stärkung eines Ortes mit dem Aufbau von Gemeinschaften um begehbare, gemischt genutzte Zentralpunkte herum – „Placemaking“. So sollen die negativen Folgen konventioneller Bebauungspraktiken gemildert und die Abhängigkeit vom Auto zu verringert werden.

6. Priorisierung der ortstypischen Architektur einschließlich ihrer Typologien, Formen, Materialität und Ausführung. Eine nur autogerechte Architektur, die dem Reichtum des lokalen Kontextes fremd ist, trägt erheblich zum fortschreitenden Identitätsverlust sowie zur visuellen Verödung bei. AS+P schlägt eine Architektur vor, die auf einem umfassenden lokalen Verständnis des Klimas, der Landschaft, der Kultur und der sozialen Normen basiert sowie durch das historische Erbe inspiriert ist, um so identitätsstiftende Orte mit unverwechselbaren Charakteren zu schaffen.

Am folgenden praktischen Beispiel lässt sich der ganzheitliche Ansatz von AS+P in der strategischen Planung gut veranschaulichen.

In Riad, der Hauptstadt des Königreiches Saudi-Arabien, entwickelte AS+P im Auftrag der Königlichen Kommission (Royal Commission for Riyadh City) Leitlinien für die Entwicklung von städtischen Straßenräumen (Riyadh Priority Development Corridors Guidelines, kurz RPDCG) sowie eine dazugehörige Studie der kontextbezogenen Salmani Architektur. Das Untersuchungsgebiet umfasste mehr als 120 km sich schnell entwickelnder Hauptkorridore, die verschiedene Teile der saudischen Hauptstadt durchqueren – von vorstädtischen bis zu verstädterten Gebieten, jedes mit einzigartigen Eigenschaften, Nutzungsschwerpunkten und -gegebenheiten.

Das Hauptziel der RPDCG besteht darin, die Qualität dieser wichtigen Lebensräume insgesamt zu verbessern. Die entwickelten Leitlinien zielen darauf ab, dass die Korridore bezüglich ihrer kontextuellen Gestaltung und Funktion homogen sind. Daher hat AS+P verschiedene Interventionsebenen in Form von Änderungen und/oder Empfehlungen für die Gestaltung des Straßen- und öffentlichen Raums, der Flächennutzung und Bebauungsdichte sowie für die öffentliche und private Erschließung von Grundstücken vorgeschlagen.

Die Leitlinien formulieren grundlegende Elemente neu, wie die Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen den Bedürfnissen von Fußgängern, Radfahrern, Benutzern des öffentlichen Verkehrs und Autofahrern, oder auch die Bereitstellung von Frei- und Aufenthaltsflächen als optimierte Schnittstelle zwischen Architektur und Straße sowie die Verbesserung der Attraktivität und Repräsentativität bei der Gestaltung von Plätzen.

Die RPDCG schlagen einen Wandel in Planung und Architektur vor, der den Ansatz verfolgt, sich stärker auf gegebenen Kontext zu beziehen, der als „Salmani-Architecture“ bezeichnet wird. Diese wurde von den Zielen des Königs Salman ibn Abd al-Aziz Al Saud für die Entwicklung der Stadt inspiriert. Während seiner Zeit als Gouverneur von Riad verantwortete und leitete er wichtige Projekte der Stadtplanung und -entwicklung, die Riad zu einer Hauptstadt einer G20-Nation machten.

Die „Salmani-Architecture“ verbindet Elemente des sozialen, kulturellen Milieus Riads und ihres reichen Erbes mit den traditionellen urbanen Mustern und der Architektur der zentralarabischen Region Nadschd. Dabei kommen gleichzeitig die Herausforderung der Zukunft und die Authentizität unter Verwendung eines zeitgenössischen Designs zum Ausdruck.

Die rasche Urbanisierung und die beispiellosen klimatischen Veränderungen setzen die arabische Region zunehmend unter Druck. Die Regierungen sind aufgefordert, noch strategischer zu planen, um diese dringenden Herausforderungen für ihre Städte und Regionen wirksam anzugehen.

Umfassende strategische Planung erfordert einen ganzheitlichen, multiskalaren Ansatz für die rechtlichen Rahmenbedingungen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene und insbesondere die Integration interdisziplinärer Aspekte, um die Stadtentwicklung positiv zu beeinflussen.

Die AS+P-Methodik konzentriert sich genau auf solch eine strategische Planung auf den verschiedenen Ebenen sowie die Notwendigkeit eines kontextbezogenen, ganzheitlichen, multidisziplinären Ansatzes für die gebaute Umwelt, der maßstabsübergreifend arbeitet und sich auf Landschaft, Stadtplanung, Verkehrsplanung und Architektur fokussiert.

Alle Bemühungen von AS+P zielen stets darauf ab, Nachhaltigkeit und Identität zu stärken, die Vergangenheit zu bewahren und gleichzeitig eine wünschenswerte Zukunft für kommende Generationen zu planen. Ein Prozess, der mit der Planung einer guten, widerstandsfähigen Form der Stadt beginnt und diese immer wieder mit einschließt.

Von Joachim Schares und Andrea Pavia:
JOACHIM SCHARES
Geschäftsführender Direktor
AS+P Albert Speer + Partner GmbH

ANDREA PAVIA
Projekt Partner
AS+P Albert Speer + Partner GmbH