Energiesicherheit und Flüssiggas (LNG) haben im vergangenen Jahr weltweit die Schlagzeilen beherrscht. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand und steht ein großer, aber geografisch kleiner Akteur – Katar. Der Golfstaat geriet in das Zentrum der Energiediskussionen, insbesondere seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine, als Europa nach einer Alternative zu seiner starken Abhängigkeit von Moskaus Gas suchte. Die gestiegene Energienachfrage wirkte sich positiv auf den Öl- und Gassektor Katars aus, der von dem staatliche Energiekonzern QatarEnergy beherrscht wird.

1971 betrat Katar das Reich des Erdgases, als es an der Nordostküste erstmals nicht-assoziiertes Gas entdeckte und damit das so genannte Nordfeld begründete. Dies war ein entscheidender Moment für den Golfstaat. Nach Angaben von Doha News verfügt das gasreiche Gebiet, das sich Katar mit dem Iran teilt, über 20 % der nachgewiesenen Reserven der Welt. Die nachgewiesenen Reserven von Katar sind im Laufe der Jahre stetig gestiegen, und zwar nach Angaben der U.S. Energy Information Administration von 2,3 Mrd. m³ im Jahr 1981 auf 23,9 Mrd. m³ im Jahr 2022. Vor der Entdeckung des Erdgases war das Erdöl die wichtigste Triebfeder für den Wohlstand Katars, bis dem Land klar wurde, dass Erdgas die Zukunft darstellt. Katar hatte die Jahre mit niedriger Ölnachfrage, insbesondere während der globalen Finanzkrise 2007, als Chance genutzt, um seine Nutzung von LNG zu steigern. Der Golfstaat erreichte 2010 einen wichtigen Meilenstein, als seine LNG-Produktion 77 Mio. t/Jahr erreichte und er damit zum größten LNG-Produzenten der Welt aufstieg. Zu diesem Zweck hat Katar im Bereich der vorgelagerten Gasprojekte seine Aktivitäten intensiviert, was nach MEED-Angaben 2021 in einem Vorhaben von 29-Mrd. US-Dollar zum Ausbau der Gasverarbeitungskapazitäten in Ras Laffan mündete. Für dieses größte Einzelprojekt in der Geschichte der globalen LNG-Industrie, hat sich QatarEnergy mit vier globalen Energieunternehmen – TotalEnergies, ExxonMobil, Eni und ConocoPhillips – zusammengeschlossen. Katar plant, bis 2028 durch das North Field Expansion Projekt eine Produktion von 126 Mio. t/Jahr zu erreichen. Weitere Gasprojekte im Wert von 12,4 Mrd. US-Dollar befinden sich derzeit in der Angebotsphase.

Schon vor dem Einmarsch Russlands in der Ukraine deckte Katar 5 % des europäischen Gasbedarfs, wobei Italien im Jahr 2021 der größte europäische Abnehmer war. Im Jahr 2022 erregten die umfangreichen Investitionen des Golfstaates in dem Gassektor die Aufmerksamkeit seiner europäischen Partner. Dieses Interesse wurde durch die Besorgnis über potenzielle Engpässe, die durch die Ukraine-Krise noch verschärft wurde, weiter angefacht. Europäische Länder begannen Gespräche mit Katar, um russisches Gas abzusetzen, und zahlreiche Vertreter von Politik und Wirtschaft besuchten Doha im Jahr 2022. Im Mai 2022 unternahm der Emir von Katar, Sheikh Tamim, eine Europareise, bei der Energiegespräche im Mittelpunkt standen. Die Reise umfasste Länder wie Slowenien, Spanien, Deutschland, das Vereinigte Königreich und Frankreich. Ein wichtiges Ergebnis der Reise war die Unterzeichnung einer Energievereinbarung mit der deutschen Regierung. Im November 2022 unterzeichnete Deutschland ein 15-jähriges LNG-Abkommen mit Katar, wobei die Lieferungen voraussichtlich 2026 beginnen werden.

Abgesehen von den geopolitischen Krisen steht die Ausweitung der LNG-Produktion in Katar im Einklang mit den weltweiten Bemühungen zur Emissionsreduzierung, wobei der Golfstaat das Gas als grünen Übergangskraftstoff fördert. Katar kündigte 2021 den nationalen Aktionsplan zum Klimawandel an, der darauf abzielt, bis 2030 rund 25 % der Treibhausgasemissionen zu reduzieren, was im Einklang mit der nationalen Vision 2030 steht. In diesem Zusammenhang wird auch der Ausbau der erneuerbaren Energiekapazitäten, insbesondere der Solarenergie, vorangebracht. Einer Meldung von Arab News zufolge hat Katar im Oktober 2022 sein erstes Solarkraftwerk eingeweiht, das einmal bis zu 10 % der Energieversorgung des Golfstaates bereitstellen soll. Mit dem Bau des Solarparks in Al-Kharsaah, westlich der Hauptstadt Doha, wurde 2016 begonnen. Die Anlage, die mit einem Investitionsvolumen von ca. 467 Mio. US-Dollar errichtet wurde, besteht aus etwa 1,8 Mio. Solarzellen und verfügt über eine Kapazität von 800 MW, die in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden soll. Katar liegt im Wettlauf um die Solarenergie zwar hinter anderen Golfstaaten zurück, plant aber, bis 2035 eine Solarenergiekapazität von 5 GW zu erreichen. Im August 2022 kündigte das Land zwei große Solarprojekte an, mit denen es seine Energieproduktion aus erneuerbaren Quellen innerhalb von zwei Jahren mehr als verdoppeln wird. Mit den neuen Anlagen in Mesaieed und Ras Laffan wird die Solarleistung Katars bis Ende 2024 auf 1,67 GW ansteigen.

Besonderes Interesse wird auch dem Potenzial der globalen Wasserstoffindustrie gewidmet. Im August 2022 kündigte QatarEnergy Pläne für eine blaue Ammoniakanlage im Wert von 1 Mrd. US-Dollar an, die von ThyssenKrupp und dem griechischen Konzern Consolidated Contractors Company entwickelt werden soll. Das Projekt, das mit der Bezeichnung Ammonia 7 in der Mesaieed Industrial City errichtet wird, soll über eine Kapazität von 1,2 Mio. t/Jahr blauen Ammoniaks verfügen und im ersten Quartal 2026 in Betrieb gehen. Mit seinem billigen und reichhaltigen Gas ist Katar eines der am besten positionierten Länder der Welt, um von der rasch wachsenden Nachfrage nach blauem und grünem Wasserstoff zu profitieren.