Saudi-Arabien entwickelt sich zur globalen Drehscheibe für seltene Erden und Rohstoffe. Anfang Januar werden mehr als 15 000 Teilnehmer auf dem „Future Minerals Forum“ in Riyad erwartet. Hochrangige Vertreter von mehr als 35 Staaten zeigen, dass das Königreich mit seinen umfangreichen Angeboten für Zusammenarbeit auf ein weltweites Interesse stößt. Deutsche Unternehmen sind hoch willkommen.

Die EU hat in diesem Mai mit dem „Critical Raw Materials Act“ (CRMA) dokumentiert, dass Europa mehr Autonomie bei den Mineralischen Rohstoffen braucht, die zur Transformation der EU-Wirtschaft zwingend notwendig geworden ist. Die EU reagiert damit vergleichsweise spät im Wettlauf um seltene Erden und andere wichtige Rohstoffe. Nun nietet sich zunehmend Saudi-Arabien als strategischer Partner an.

2022 hatte sich das Königreich auf dem „Future Minerals Forum“ in Riyad erstmals als „Drehscheibe für die internationale Rohstoffdiplomatie“ vorgestellt. Mittlerweile präsentiert es seinen Kongress in der saudischen Hauptstadt als „das weltweit führende Treffen“ zu Rohstoffen und Mineralien.

Es sieht sich inmitten einer “Super Region”, die ihre Bedeutung zugleich aus der Vergangenheit und aus der Zukunft schöpft. Afrika, der Nahen und der Mittlere Osten, sowie Zentral- und Südasien hätten „während des größten Teils der aufgezeichneten Geschichte im Zentrum des globalen Handels und der Wirtschaftstätigkeit“ gestanden.

In der neuen Phase von Geostrategie und Entwicklung der Weltwirtschaft mit der Transformation hin zu einem neuen globalen Energiemix sei man sich als Super-Region „gut positioniert, um auch weiterhin eine zentrale Rolle für die Zukunft der Weltwirtschaft, des Klimas und der Geopolitik zu spielen.“

Hier scheint ein neues Bewusstsein der Länder jenseits der etablierten Industrienationen auf.

In Zeiten von Klimakrise und Transformation bewegt sich die Welt weg von Kohlenwasserstoffen. Die Region, aus der traditionell das Öl für die industrielle Entwicklung kommt, hat mittlerweile das Potenzial entdeckt, um führend im Bereich der erneuerbaren Energien und von grünen Industrien zu werden. Für all das sind auch neue Mineralien und neue Werkstoffe nötig. „Wir sehen die Möglichkeit, Mineralien zu fördern, Projekte zu finanzieren und Produkte herzustellen, die die weltweite Energiewende ermöglichen“, heißt es selbstbewusst in Riyad.

Die EU – und damit Deutschland – werden als Partner umworben. Der Bedarf der EU liegt auf der Hand. Der erste EU- GCC-Gipfel (siehe Seite 20) behandelte explizit auch das Thema der Zusammenarbeit bei Energie- und mineralischen Lieferketten: „Saubere Technologien, Rohstoffe und kritische Mineralien“ werden ausdrücklich als Punkte von gegenseitigem Interesse benannt.

Bisher sind die gemeinsamen Aktivitäten zu diesem Thema noch vergleichsweise gering: Der deutsche Champion Siemens ist im Bereich der Kraftwerkstechnologie und bei der Entwicklung von „Smart Cities“ an vorderster Stelle dabei. In Saudi-Arabien ist auch eine Lithium-Verarbeitungsanlage in Planung, die österreichisches Lithiumerz verarbeiten und an BMW liefern soll.

Tatsächlich hat sich Saudi-Arabien in den zurückliegenden Jahren im Rahmen ihrer „Vision 2030“ gut aufgestellt, um den selbst gesetzten Zielen bei den Rohstoffen nachkommen zu können. Nach wie vor dominiert natürlich der Ölsektor – und das auch noch bis auf Weiteres. Doch der der Staat treibt den Ausbau des Bergbausektors mit erheblichen Mitteln voran. Bis 2030 sollen etwa 46 Milliarden US-Dollar in den inländischen Bergbau investiert werden.

Lokaler Ausbau

Seit 2020 hat Saudi-Arabien mit großem Aufwand begonnen, seine Rohstoff-Vorkommen systematisch zu erfassen. Bei der Erkundung baut die Regierung auf das Know-How ausländischer Unternehmen. Bisher wird eng mit einem chinesischen Staatsunternehmen zusammengearbeitet, doch ab Februar kommenden Jahres soll eine neues Gesetz die Beteiligung von privaten ausländischen Unternehmen vereinfachen. Statt einer Lizenz, die oft nur umständlich zu bekommen war, wird dann eine einfache Registrierung ausreichen, um ausländische private Unternehmen mit saudischen gleich zu stellen.

Nach bisherigem Stand der Erkundung soll sich der Gesamtwert der mineralischen Rohstoffvorkommen auf 2,5 Billionen US-Dollar belaufen – darunter auch unerschlossene Bodenschätze wie seltene Erden.

Lokaler Champion im Mineral-Sektor ist der staatliche saudische Bergbaukonzern „Saudi Arab Mining Company“ (Ma’aden), an dem der Staat mit 50 Prozent beteiligt ist; die andere Hälfte ist an der saudischen Börse (Tadawul) notiert. Traditionell ein Phosphor-Produzent, hat sich Ma’aden mittlerweile zu einem breit aufgestellten Industrie-Konzern entwickelt, in dem Kupfer, Aluminium Gold und auch seltene Erden eine wichtige Rolle spielen.

Bisher betreibt Ma’aden 17 Abbaustätten im Königreich. Die Zahl der Lizenzenfür die Erkundung stieg zuletzt erheblich von 58 auf 259. 2024 hat die saudische Regierung ein Programm aufgelegt, das die finanziellen Risiken von Unternehmen, die in die Exploration investieren, durch Investitionshilfen verringern soll. Besonderen Wert legen die Saudis im Zeichen der Energiewende auf die Erkundung von Nickel, Lithium und Kupfer – aber auch auf Eisen.

Internationale Investitionen

Für die Erkundung wollen sie sich die Saudis innovatives Know-How unter anderem über ihren Investment-Arm Manara Minerals Investment Company einholen. Manara investiert in ausländische Bergbau- und Mineralienunternehmen, bisher überwiegend in Afrika und Lateinamerika.

Wenn auch der reine Bergbau relativ wenig neue Arbeitsplätze schafft, so liegt das Potenzial dafür in den nachgelagerten Wertschöpfungsketten. Hierfür sucht das saudische Investment-Ministerium internationale Partner – auch in Deutschland. Bisher sind überwiegend chinesische sowie türkische Unternehmen (bei Stahl) und US-amerikanische Investoren (Aluminium) aktiv. Mit Hilfe von Public-Private-Partnership-Unternehmen (PPP), an denen sich der staatliche Investment-Fonds PIF beteiligt, soll Technologie ins Land geholt werden, um auch in diesem Sektor die private Wirtschaft nach vorn zu bringen und Arbeitsplätze zu schaffen.

Doch schon in der jetzigen Praxis zeichne sich eine „engere Zusammenarbeit mit dem Westen ab“, beobachtet die Berliner „Stiftung Wissenschaft und Politik“ (SWP). Die zeige sich auch in der neuen saudischen „Green Shoring Initiative“, mit der die saudische Regierung westliche Investoren mit Blick auf die Potenziale für grüne Energie im Königreich anspricht. Das US-amerikanische Beratungsunternehmen Wood Mackenzie schätzt, dass auf den Nahen Osten bis 2050 rund 30 Prozent der weltweiten Produktion von direkt reduziertem Eisen entfallen könnten.

Ob Erkundung oder Weiterverarbeitung, ob grüner Stahl oder seltene Erden – für deutsche Unternehmen wird Saudi-Arabien hier zunehmend interessant. Deutschen Unternehmen sollten „künftig mehr in saudi-arabische Lieferketten eingebunden werden“, rät die Berliner SWP der Bundesregierung, „sowohl durch Direktinvestitionen als auch durch Abnahmeverträge“. Auf deutscher Seite „sollte daher der Privatsektor nachdrücklicher unterstützt werden“.

Mit der Ghorfa im Gespräch

Die Ghorfa konnte auf der zurückliegenden Sitzung von Vorstand und Präsidium den im Berliner Adlon Hotel den saudischen Investitionsminister Minister Khalid Bin Abdulaziz Al Falih als Gastredner begrüßen. Er forderte ausdrücklich die Mitglieder der Ghorfa und insgesamt den deutschen Mittelstand auf, in Saudi-Arabien zu investieren.

„Deutschland ist der Partner unserer Wahl“, so Minister Al Falih auf der Ghorfa-Sitzung: „Die umfangreichen Möglichkeiten und das Wachstum der Wirtschaft im Königreich bieten ausgezeichnete Chancen.“

(Quellen: MA’ADEN, PIF, SWP, Wood Mackenzie)