Der ägyptische Präsident El-Sisi hat laut einer Anfang Januar 2024 veröffentlichten offiziellen Erklärung angewiesen, die Bemühungen um mehr ausländische Investitionen zu intensivieren und die Rolle des Privatsektors in der Wirtschaft des Landes zu stärken. Die Direktiven wurden während eines Treffens mit Premierminister Madbouly und dem amtierenden Gouverneur der ägyptischen Zentralbank Abdullah erteilt. Ziel des Treffens war es, die globalen und lokalen Wirtschaftsindikatoren sowie die Leistung des ägyptischen Bankensektors zu überprüfen.

Ägypten bemüht sich aktiv um ausländische Investitionen, insbesondere aus den Golfstaaten, um die wirtschaftliche Erholung voranzutreiben und seinen Verpflichtungen im Rahmen des 2022 mit dem IWF unterzeichneten Darlehensvertrags über 3 Mrd. US-Dollar nachzukommen. Zur verstärkten Anwerbung von mehr Investoren hat die Regierung ihr Programm für den Börsengang (Initial Public Offering – IPO) gestartet, das vorsieht, 35 staatliche Unternehmen bis Ende Juni 2024 strategischen Investoren anzubieten. Die erste Liste mit 32 Unternehmen wurde bereits im Februar 2023 veröffentlicht, und drei weitere Unternehmen – Eastern Company, Al Ezz Dekheila und Telecom Egypt – kamen später im Jahr 2023 hinzu. Darüber hinaus beabsichtigt die Regierung, eine stärkere Beteiligung des Privatsektors zu fördern und seinen Anteil an der Volkswirtschaft in den kommenden Jahren von derzeit 30 auf 65% zu erhöhen. Dieser Zielstellung dienen mehrere neue Entscheidungen der Zentralbank, die ab dem 1. Januar 2024 in Kraft treten werden. Ein bemerkenswerter Beschluss ist die Befreiung der Kunden von allen Gebühren und Provisionen im Zusammenhang mit elektronischen Überweisungsdiensten für Privatpersonen in ägyptischen Pfund. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Bürger zur Nutzung digitaler Finanzdienstleistungen zu ermutigen und schnellere und flexiblere Finanztransaktionen zu ermöglichen, was im Einklang mit der ägyptischen Strategie zur digitalen Transformation steht.

Bereits im Juli 2023 wurde das Gesetz Nr. 160 im Amtsblatt veröffentlicht, das wesentliche Änderungen zum Investitionsgesetz Nr. 72 von 2017 enthält. Diese Änderungen die ab 26. Juli 2023 in Kraft traten, zielen vor allem darauf ab, die besonderen Anreize für ausländische Investoren zu verstärken, die Verteilung der Investitionen über das Land zu verbessern und den Kreis der Unternehmen zu erweitern, die für die Gründung, den Betrieb und die Verwaltung von Projekten in Ägypten in Frage kommen. So wird mit dem Gesetz Nr. 160 ein neuer Barinvestitionsanreiz für Investitionsprojekte und die Erweiterung von Projekten eingeführt, die eine der unter das bestehende Sonderanreizprogramm fallenden industriellen Aktivitäten durchführen. Im Rahmen dieses neuen Anreizes hat der Investor Anspruch auf eine Rückerstattung zwischen 35% und 55% der in der Körperschaftssteuererklärung gezahlten Steuern auf die aus der Geschäftstätigkeit erzielten Einkünfte.

Als zusätzliche Anreize führt das Gesetz Nr. 160 die Befreiung von den Nutzungsgebühren für Grundstücke, die für die Errichtung des Projekts vorgesehen sind, die Befreiung von der Beteiligung an den Kosten für die Errichtung von Infrastrukturen, öffentlichen Diensten und Versorgungseinrichtungen zu einem Prozentsatz, der 50% nicht übersteigt sowie die Befreiung von der Zahlung von höchstens 50% des Projektverbrauchs an Grundversorgungsleistungen für einen Zeitraum von höchstens 10 Jahren ein. Nach dem Gesetz Nr. 160 ist es nun auch möglich, mit Genehmigung des Obersten Energierats die Errichtung von Projekten im Rahmen des Freizonen-Systems in den Bereichen Erdölverarbeitung, Düngemittelindustrie, Eisen- und Stahlherstellung, Verflüssigung und Transport von Erdgas sowie energieintensive Industrien durchzuführen.

Wie die britische Wirtschaftsnachrichten-Plattform „Arabian Gulf Business Insight“ (AGBI) im Januar 2024 berichtet, strebt Ägypten in den nächsten fünf Jahren Auslandsinvestitionen in Höhe von 35 Mrd. US-Dollar an. Zu den aktuellen Großprojekten gehört der Bau von fünf Kraftwerken mit konzentrierter Solarenergie, die die Solarenergie zur Erzeugung von Wärme nutzen, die in Strom umgewandelt oder gespeichert werden kann. Der Bau des vierten Terminals des internationalen Flughafens von Kairo ist Teil eines größeren Plans zur Erhöhung der Flughafenkapazität. Ägyptens neue Verwaltungshauptstadt, oft auch als Neue Hauptstadt bezeichnet, ist ein großes Stadtentwicklungsprojekt, das etwa 45 km östlich von Kairo liegt. Das Projekt zielt darauf ab, die Stadt Kairo zu entlasten und ein neues Verwaltungs- und Geschäftszentrum für das Land zu schaffen. Begonnen wurde mit dem Bau von Capital Med. Das gesamte Projekt wird in 7 bis 10 Jahren in 3 Phasen fertig gestellt sein und soll ein modernes allgemeines Krankenhaus mit 350 Betten, einen Klinikpark, ein Hotel und 11 spezialisierte medizinische Spitzenzentren umfassen. Auch ist die ägyptische Regierung bestrebt, die lokale Automobilindustrie durch die Ansiedlung großer internationaler Hersteller zu einem regionalen Zentrum zu entwickeln. Fünf „goldene Lizenzen“ wurden bereits an Automobilunternehmen vergeben, und weitere sollen in Kürze folgen. Die ägyptische Regierung hat schließlich bereits mehrere Abkommen mit ausländischen Unternehmen unterzeichnet, die in der Suezkanal-Sonderwirtschaftszone Projekte für erneuerbare Energien in den Bereichen Solar- und Windenergie sowie grüner Wasserstoff realisieren wollen.